Film des Monats: Januar 2026

Wie Jahresringe bei einem Baum wachsen in „Silent Friend“ immer neue Sinnschichten und Erzählstränge übereinander.
„Wenn Steine erzählen könnten…“ heißt es manchmal. Im neuen Film der Regisseurin Ildikó Enyedi erzählt ein Baum, und zwar der rund 200 Jahre alte Ginkgo im Alten Botanischen Garten in Marburg. Wir erfahren von seinen Erlebnissen mit drei Menschen: vom chinesischen Gastwissenschaftler Tony, der während der Corona-Pandemie an der Universität Marburg festsaß, von Hannes, der sich in den 1970erJahren für Pflanzen begeisterte, und von Grete, die 1908 als eine der ersten Frauen studieren durfte.
Enyedi konnte Léa Seydoux und Tony Leung Chiu-Wai für die Dreharbeiten gewinnen und besetzte weitere Hauptrollen mit den Nachwuchsschauspieler:innen Luna Sofia Wedler und Enzo Brumm. Als titelgebende Hauptrolle wählte sie allerdings einen Baum, und darin liegt der besondere Reiz des Films. Ildikó Enyedi versucht damit, unsere Grenzen des Erlebens und Verstehens der Natur, die uns umgibt, aufzubrechen. Denn wie können wir jemanden verstehen, dessen Sprache wir nicht sprechen? Enyedi findet inhaltlich und filmisch außergewöhnliche Antworten, etwa indem sie das Wurzelwerk knistern und leuchten lässt, oder indem sie alle menschlichen Protagonist:innen des Films mit bildgebenden Verfahren forschen lässt. Schon das ist genial: einen Film über bildgebende Verfahren zu machen, indem man 16mm-, 35mm- und digitales Material mischt! Aber das beschreibt den Film noch nicht hinreichend. Denn wie Jahresringe bei einem Baum wachsen in „Silent Friend“ immer neue Sinnschichten und Erzählstränge übereinander. Der Film behandelt auf einzigartige, sinnliche Weise die Beziehung der Menschen zur Natur, von der wir ebenso Teil sind wie die Pflanzen. Zusätzlich erzählt er von Goethe und menschlichem Forscherdrang. Außerdem führt er uns eindrücklich vor Augen, dass wir Menschen bei allem Wissen, das wir anhäufen, manchmal daran scheitern, uns die einfachsten Dinge zu sagen. Denn schließlich ist „Silent Friend“ auch ein Film über die Fortpflanzung und die Liebe, voller Humor, Melancholie und Witz.
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