Film des Monats: April 2014

Ida
Regie: Paweł Pawlikowski
Drehbuch: Paweł Pawlikowski, Rebecca Lenkiewicz
Polen 2013

Im Polen des Jahres 1962 will die 18-jährige Novizin Anna, die als Waisenkind aufgewachsen ist, ihr Nonnengelübde ablegen. Doch vorher soll sie nach dem Willen ihrer Äbtissin ihre einzige Verwandte kennenlernen. Anna reist in die Stadt zu Wanda, der Schwester ihrer Mutter. Die innerlich zerrissene, ehemals linientreue stalinistische Richterin eröffnet Anna, dass sie jüdischer Herkunft und ihr wahrer Name Ida ist. Auf einer gemeinsamen Spurensuche nach ihrer Herkunft wird ihr klar, dass ihre Eltern während des 2. Weltkriegs von einem polnischen Bauern ermordet wurden. Aus Verzweiflung über die erdrückende Last der Vergangenheit und die aussichtslose Gegenwart nimmt sich Wanda das Leben. Nach der Rückkehr ins Kloster will Ida ihr Gelübde nicht ablegen. Sie sucht die Nähe zu Lis, einem Jazzmusiker, den sie während ihrer Reise zu ihren Wurzeln kennengelernt hat. Durch die Erfahrungen mit ihrer Tante und mit dem jungen Mann verändert, trifft sie noch einmal eine überraschende Entscheidung.

In kunstvoll ausgeleuchteten Schwarz-Weiß-Aufnahmen im klassischen Academy-Format entwirft der Film ein vielschichtiges Porträt der polnischen Nachkriegsgeschichte. Das Erbe des Holocaust, der Stalinismus, Antisemitismus und Schuld, Glaube und die Suche nach Identität verschränken sich auf vielfältige Weise. Politische Verhältnisse, religiöse Traditionen und individuelle Lebensentwürfe werden in poetischen Bildern miteinander verknüpft, so dass Idas widersprüchliche Gefühle zwischen Klostererziehung und schmerzhafter Erkundung ihrer Herkunft intensiv spürbar werden. Durch die sorgfältig ausgewählte Musik von J. S. Bach bis John Coltrane wird diese Wirkung noch verstärkt. So entfaltet der Film eine existentielle Kraft weit über die zeitgeschichtliche Situation hinaus. Selbstzerstörerische Verzweiflung oder fromme Weltflucht, bürgerliches Familienleben oder unaufgebbare Sehnsucht nach Gerechtigkeit: die Lektion der Geschichte hält alle Optionen offen und fordert zur eigenen Entscheidung heraus.

Als Download (PDF):
Trailer:
Film-Credits
Polen 2013
Produzent:
Eric Abraham, Piotr Dzięcioł, Ewa Puszczyńska
Regie:
Paweł Pawlikowski
Drehbuch:
Paweł Pawlikowski, Rebecca Lenkiewicz
Kamera:
Łukasz Żal
Schnitt:
Jarosław Kamiński
Musik:
Kristian Selin Eidnes Andersen
Darsteller:
Agata Trzebuchowska (Anna/Ida), Agata Kulesza (Wanda), Dawid Ogrodnik (Lis), Jerzy Trela (Szymon) u.a.
Format:
s/w 80 Min.
Verleih:
Arsenal Filmverleih GmbH
Hintere Grabenstr. 20, Tübingen Tel.:+49 07071 9296-0, Fax: +49 07071 9296-11, info@arsenalfilm.de, www.arsenalfilm.de
Preise:
Grand Prix und Preis der Ökumenischen Jury, Warschau 2013; Preis der internationalen Filmkritik (FIPRESCI), Toronto 2013; LUX-Filmpreis des Europäischen Parlaments 2014; Europäischer Filmpreis 2014 (Bester Europäischer Film, Beste Regie, Beste Kamera, Bestes Drehbuch, Publikumspreis); Bester Auslandsfilm, Oscar 2015
Kinostart:
10. April 2014